Verjährung von Regressansprüchen der Sozialversicherungsträger

30. März 2016 | Versicherungsforum

Die Verjährung von Regressansprüchen nach § 110 SGB VII bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Herbeiführung eines Arbeitsunfalls ist aufgrund der besonderen Formulierung des § 113 SGB VII mit zahlreichen Fragen behaftet. Leider sah sich der BGH in seinem vorliegenden Urteil nicht veranlasst, diese eindeutig zu beantworten, da es im konkreten Fall nicht darauf ankam, welcher Rechtsmeinung zu folgen war.

Sowohl nach einer engeren Auffassung als auch einer weiteren, die sich an den allgemeinen Verjährungsregeln nach §§ 195, 199 Abs. 1 und 2, 203 BGB orientiert, war im Revisionsverfahren Verjährung zu bejahen.

Der Regelung des § 113 SGB VII fehlt es an ausreichender Präzision, sodass die vom BGH derzeit noch nicht beantworteten Fragen der Klärung bedürfen. Dem Wortlaut nach bezieht sich die Regelung nur auf den Regress der gesetzlichen Unfallversicherung, obwohl der Regress nach § 110 SGB VII auch andere Sozialversicherungsträger betrifft, die sich nach §§ 104, 105 SGB VII nicht auf einen Forderungsübergang nach § 116 SGB X stützen können. Auf diese ist § 113 SGB VII analog anwendbar (KKW/von Koppenfels-Spiess § 113 SGB VII, Rn. 3).

Nach § 113 SGB VII sind die Verjährungsregeln mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Verjährungsfrist von dem Tag an gerechnet wird, an dem die Leistungspflicht bindend festgestellt wird. Nach der Vorinstanz OLG Brandenburg (SVR 2015, 139) reicht hierzu ein konkludenter Verwaltungsakt durch tatsächliche Leistungsgewährung aus. Der BGH lässt das offen, lehnt es aber auch nicht ab, was darauf schließen lassen könnte, dass er sich im Ergebnis der Vorinstanz anschließt. Jedenfalls betont der BGH, dass eine Entscheidung zum Grund der Eintrittspflicht ausreichend ist und sich nicht auf den Leistungsumfang beziehen muss. Vergleichen könnte man das mit der Entscheidung des Versicherers nach § 115 Abs. 2 VVG, die die Hemmung der Verjährung beendet.

Die weitere Frage ist aber, ob allein die bindende Entscheidung ausreicht, die Verjährungsfrist beginnen zu lassen, oder ob nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln gemäß § 199 BGB auch Kenntnis des Regressgläubigers erforderlich ist und ob dann auf die Kenntnis der Regressabteilung oder der Leistungsabteilung abzustellen ist, die durch die Leistungsentscheidung den maßgeblichen Impuls nach § 113 SGB VII gesetzt hat. Nach OLG Dresden r+s 2012, 623 und Geigel/Wellner, Kap. 32 Rn. 43 dokumentiert der Verweis auf §§ 195 ff. BGB, dass auch nach § 199 BGB Kenntnis zum Beginn der Verjährung erforderlich ist. Dann wird man auch auf die Regressabteilung und nicht die Leistungsabteilung abzustellen haben. Andere Auffassung u. a. Lemcke r+s 2012, 624 f und Möhlenkamp VersR 2013, 544 mit der Begründung, dass nach dem Wortlaut des § 113 SGB VII die Frist vom Tag der Feststellung an gerechnet wird. Der BGH, für dessen Urteil Richter am BGH Wellner Berichterstatter war, lässt das offen, wobei die Kommentierung des Berichterstatters die Rechtsprechung wohl beeinflussen wird.

Schließlich lässt der BGH die Frage offen, ob die Verjährung, Kenntnis vorausgesetzt, mit dem Tag der Feststellung beginnt oder dann erst am Ende des Jahres gemäß § 199 Abs. 1 BGB. Insoweit ist der Wortlaut des § 113 SGB VII relativ eindeutig, da er ausdrücklich bestimmt, wann die Verjährungsfrist beginnen soll. Wenn man den Beginn der  Verjährungsfrist allerdings auch von der Kenntnis des Gläubigers abhängig machen möchte, macht es wenig Sinn, auf den Tag der Feststellung abzustellen. Es käme dann nur in Betracht, wie in § 852 Abs. 1 BGB a. F. auf den Tag der Kenntnis des Gläubigers abzustellen. Dies würde aber dem Bestreben des Gesetzgebers widersprechen, möglichst einheitliche Verjährungsregeln zu schaffen. Die Beantwortung der Frage, an welchem Tag die Verjährung beginnt, kann daher nur gemeinsam mit der Frage beantwortet werden, ob Kenntnis gemäß § 195 Abs. 1 BGB erforderlich ist. Das ist dann aber auch ein gewichtiges Argument für die wortgetreue Auslegung des § 113 SGB VII, dass keine Kenntnis für den Verjährungsbeginn notwendig ist.

Das Kölner Symposium Personenschaden 2016 des VersicherungsForums am 6.7.2016 wird Gelegenheit geben, diese Fragen mit Richter am BGH Wolfgang Wellner zu diskutieren, der dort die aktuelle Rechtsprechung des BGH vorstellen wird.

Quelle: BLD Bach Langheid Dallmayr